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Gedächtnisprobleme in jungen Jahren: Woran kann das liegen?

30. September 2025

Sie sind noch keine 40, vergessen aber ständig Namen, Verabredungen oder wo der Schlüssel liegt? Viele Menschen verbinden Gedächtnisprobleme automatisch mit dem Alter. Doch Vergesslichkeit im jungen Alter ist keine Seltenheit und oft ein Zeichen unseres modernen Lebenswandels. Dieser Artikel klärt Sie auf, welche Ursachen dahinterstecken können, wann sie harmlos sind und wann Sie besser professionellen Rat einholen sollten.

Wann ist Vergesslichkeit "normal"?

Jeder Mensch ist hin und wieder vergesslich. Das Gehirn filtert unwichtige Informationen heraus, um Wichtiges zu priorisieren. Von behandlungsbedürftigen Gedächtnisproblemen in jungen Jahren spricht man erst, wenn die Vergesslichkeit:

  • Ihr berufliches oder privates Leben spürbar beeinträchtigt.
  • Sie in alltäglichen Abläufen behindert (z. B. Weg zur Arbeit vergessen).
  • Neu und über einen längeren Zeitraum auftritt.
  • Von anderen Symptomen wie Stimmungsschwankungen oder Antriebslosigkeit begleitet wird.

Ein guter Anhaltspunkt zur Beurteilung ist die Einschätzung von Menschen, die Ihnen nahe stehen. Wundern sie sich über Ihre Vergesslichkeit? Haben Sie den Ruf, sich wichtige Informationen oder Termine schlecht merken zu können? Wenn Ihre Vergesslichkeit bei verschiedenen Personen mehrfach auffällt, lohnt es sich, genauer hinzuschauen.

Häufige Ursachen für Gedächtnisprobleme bei jungen Menschen

Die Gründe für Vergesslichkeit im jungen Alter sind vielfältig und in den meisten Fällen an sich kein Grund, sich übermäßige Sorgen zu machen. Oft ist es eine Kombination aus mehreren Faktoren.

Entwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen

Bei sehr jungen Menschen hängen Gedächtnisprobleme oft mit anderen kognitiven Störungen durch Entwicklungsprobleme und Verhaltensauffälligkeiten zusammen. Auch Trauma und Vernachlässigung können hier eine Rolle spielen.

Stress und Überforderung: Der moderne Dauerbegleiter

Dauerhafter Stress ist eine der Hauptursachen für Vergesslichkeit und Unkonzentriertheit. Unter Druck schüttet der Körper Kortisol aus. Dieses Hormon kann bei chronischem Überschuss den Hippocampus schädigen – die Gehirnregion, die für das Gedächtnis zentral ist.

Viele von uns hetzen von Termin zu Termin, haben private Verpflichtungen und stehen ständig unter Strom. Unser Gehirn ist so mit der Bewältigung der Reizflut beschäftigt, dass es Kapazitäten für das Abspeichern neuer Informationen verliert. Kurz gesagt: Der Arbeitsspeicher ist voll!

Schlafmangel: Wenn das Gehirn nicht aufräumen kann

Schlaf ist essenziell für die Gedächtniskonsolidierung. In den Tiefschlafphasen sortiert und speichert das Gehirn die Erlebnisse des Tages. Bei chronischem Schlafmangel wird dieser Prozess unterbrochen. Die Folge davon: Informationen werden nicht dauerhaft abgelegt und Sie werden vergesslich und unkonzentriert.

Psychische Ursachen von Vergesslichkeit

Vergesslichkeit und psychische Ursachen hängen eng zusammen. Einer der häufigsten Auslöser für ungewöhnliche Vergesslichkeit bei jungen Menschen sind tatsächlich Depressionen.

Eine Depression ist keine reine Traurigkeit, sondern eine ernsthafte Erkrankung, die neurobiologische Prozesse stört. Energiemangel, Grübeln und Konzentrationsstörungen sind klassische Symptome, die direkt mit Gedächtnisproblemen zusammenhängen.

Auch Angststörungen und Burnout machen vergesslich und zerstreut. Anhaltende Ängste oder ein Zustand der völligen Erschöpfung beanspruchen immense kognitive Ressourcen, die dann für das Merken nicht mehr zur Verfügung stehen.

ADHS

ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) ist eine sehr relevante und oft übersehene Ursache für Vergesslichkeit bei jungen Menschen. Im Gehirn von Betroffenen herrscht ein Ungleichgewicht bestimmter Botenstoffe (vor allem Dopamin und Noradrenalin), die für die Regulation von Aufmerksamkeit, Impulsen und der Exekutivfunktionen zuständig sind.

Informationen können nur kurz festgehalten und schlecht "zwischengelagert" werden. Das führt verstärkt zu der klassischen Situation: “Ich wollte gerade was machen... was war es gleich?", oder “Was wollte ich nochmal in diesem Raum gerade holen?”.

Betroffene sind außerdem leicht ablenkbar durch äußere Reize oder eigene Gedanken. Dadurch wird Information gar nicht erst zuverlässig aufgenommen und kann folglich auch nicht abgespeichert werden.

Tabelle: Vergleich der Vergesslichkeit durch ADHS und durch Depression

MerkmalTypische ADHS-VergesslichkeitVergesslichkeit durch z.B. Depression
Art der VergessenheitChaotisch, sprunghaft: Dinge werden verlegt, Termine vergessen, Man kommt vom Weg ab.Global, antriebslos: Es fällt schwer, sich überhaupt zu etwas aufzuraffen oder sich zu konzentrieren.
BegleitsymptomeInnere Unruhe, Getriebenheit, Impulsivität, Desorganisation, ProkrastinationNiedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit, Interessenverlust, Energiemangel
Situativer EinflussTritt in allen Lebensbereichen auf (Beruf, Privates, Hobbys).Kann situationsabhängig schwanken, ist aber often ein durchgängiger Zustand.

Ernährung und Flüssigkeitsmangel: Fehlender Treibstoff fürs Gehirn

Das Gehirn benötigt konstant Glukose, um optimal zu funktionieren. Ein niedriger Blutzuckerspiegel durch unregelmäßiges Essen kann die kognitive Leistung stark beeinträchtigen.

Auch Dehydration macht vergesslich: Viele von uns trinken zu wenig (oder konsumieren mehr Kaffee als Wasser…). Wassermangel kann zu Verwirrtheit, Zerstreutheit und Vergesslichkeit führen. Dieser Effekt ist so stark, dass bei älteren Menschen die Symptome von Flüssigkeitsmangel manchmal als Demenz fehlinterpretiert werden.

Hand hält ein Glas Wasser
Foto von engin akyurt auf Unsplash

 

Gedächtnisverlust durch Alkohol

Der Zusammenhang zwischen Alkohol und Gedächtnisverlust ist zweierlei:

  • Akut: Übermäßiger Alkoholkonsum kann zu Filmrissen (Blackouts) führen, bei denen sich das Gehirn Teile des Abends nicht mehr ins Gedächtnis rufen kann.
  • Chronisch: Regelmäßiger, hoher Konsum kann langfristig Gehirnzellen schädigen und zu anhaltenden kognitiven Defiziten führen.
Mann mit nachdenklicher, grübelnder Geste und schwarzer Kappe
Foto von Sander Sammy auf Unsplash


Schilddrüsenunterfunktion

Die Schilddrüse produziert Hormone, die den Stoffwechsel regulieren. Dazu gehört auch die Energieversorgung des Gehirns. Eine Unterfunktion der Schilddrüse kann zu einer Unterversorgung des Gehirns führen, wodurch es langsamer arbeitet.

Vitamin-B12-Mangel

Ein Mangel an Vitamin B12 hat Auswirkungen auf das Nervensystem. Die Signalweiterleitung ans Gehirn wird langsamer, unpräzise und kann ganz unterbrochen werden.

Nebenwirkungen von Medikamenten

Viele Medikamente wirken nicht nur gezielt an einer Stelle, sondern entfalten ihre Wirkung im gesamten Körper – und damit auch im Gehirn. Symptome wie Vergesslichkeit gehört zu den möglichen Nebenwirkungen unter anderem der folgenden Medikamente:

  • Benzodiazepine
  • Trizyklische Antidepressiva
  • Blutdrucksenker
  • Starke Schmerzmittel

Kopfverletzungen

Nach einem Schädel-Hirn-Trauma ist Vergesslichkeit ein häufiges Problem. Besonders das Kurzzeitgedächtnis ist often betroffen. Betroffene können sich schlecht an neue Informationen erinnern oder Gesprächen folgen. Bei anhaltenden Beschwerden ist eine neurologische Abklärung unbedingt erforderlich.

Vergesslichkeit mit 40: Der Beginn des Umbaus?

Wenn Sie um die 40 sind und plötzlich das Gefühl haben, Ihr Gedächtnis macht Pause, sind Sie nicht allein. Vergesslichkeit mit 40 ist ein häufiges Phänomen und meist kein Grund für Panik vor einer ernsthaften Erkrankung oder außergewöhnlich frühzeitiger Alterung des Gehirns. Stattdessen ist es often das Zusammenspiel von normalen körperlichen Veränderungen und den typischen Belastungen dieser Lebensphase.

Bei vielen Menschen beginnt in diesem Alter eine hormonelle Umstellung (Peri-Menopause bei Frauen, Andropause bei Männern), die auch die Gehirnfunktion beeinflussen kann. Bei starken Symptomen wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und massiver Vergesslichkeit kann ein Gespräch mit dem/der Gynäkolog:in oder Urolog:in/Endokrinolog:in sinnvoll sein.

Zudem häufen sich in dieser Lebensphase oft stressige Verantwortungen (Beruf, Familie, pflegebedürftige Eltern), was die oben genannten Faktoren verstärkt. Mit 40 befinden Sie sich oft genau in der Lebensphase mit der höchsten Verantwortungsdichte – man spricht von der "Sandwich-Generation".

Sie sind oft bereits seit Jahren eingekeilt zwischen den Ansprüchen ihrer Kinder, ihres Berufs und ihren alternden Eltern und spüren den kumulativen Effekt auf die Konzentrationsfähigkeit und Erinnerungsfähigkeit.

Wann wird vermeintlich harmlose Vergesslichkeit zum Warnsignal?

Nicht jede Vergesslichkeit ist ein Grund zur Sorge. Als ersten Schritt können Sie auch in Ihrer lokalen Apotheke nachfragen: Vielleicht helfen Ihnen bereits spezielle Tipps oder pflanzliche Präparate, um sich gedanklich fitter zu fühlen. Apotheken können Sie zu folgenden Themen beraten:

  • Rezeptfreie Mikronährstoffe: Bei nachgewiesenem Mangel können Präparate mit Vitamin B12, B6, Folsäure oder Ginkgo biloba in Erwägung gezogen werden. Lassen Sie sich hierzu individuell beraten.
  • Hilfsmittel: Pillenboxen mit Wochentage-Einteilung können helfen, die Medikamenteneinnahme nicht zu vergessen.
  • Erstberatung bei leichten Beschwerden: Ihr/e Apotheker:in kann einschätzen, ob ein Arztbesuch ratsam ist.
     

Sie sollten jedoch einen Arzt oder eine Ärztin konsultieren, wenn:

  • Die Probleme plötzlich und stark auftreten.
  • Sie sich an vertraute Wege oder Gesichter nicht mehr erinnern können.
  • Sie sich in Ihrer eigenen Wohnung nicht mehr zurechtfinden.
  • Die Vergesslichkeit von Orientierungslosigkeit, Sprachstörungen oder Persönlichkeitsveränderungen begleitet wird.
  • Sie den Verdacht haben, dass eine Depression oder eine andere psychische Erkrankung der Auslöser ist.

Sprechen Sie das Problem in Ihrer Hausarztpraxis an. Von dort aus werden Sie bei Bedarf an die Fachbereiche Neurologie oder Psychiatrie überwiesen.

Was Sie selbst tun können: Tipps für ein fittes Gehirn

1. Struktur und Entschleunigung

Führen Sie einen Kalender oder nutzen Sie Erinnerungs-Apps. Schaffen Sie Routinen (z.B. Schlüssel immer an den gleichen Platz legen). Gönnen Sie sich Pausen und lernen Sie, "Nein" zu sagen.

Hand hält pinken Notizzettel mit Aufschrift 'Don't forget!'
Foto von Kelly Sikkema auf Unsplash

2. Gehirntraining und Neues lernen

Fordern Sie Ihr Gehirn heraus: lernen Sie eine neue Sprache, ein Musikinstrument oder lösen Sie Rätsel. So bilden sich neue neuronale Verknüpfungen.

3. Gesunder Lebensstil

Achten Sie auf 7–8 Stunden qualitativ hochwertigen Schlaf. Versorgen Sie sich mit brainfood wie Nüssen, fettem Fisch, Beeren und ausreichend Wasser.

Sport fördert die Durchblutung des Gehirns und baut Stress ab.

4. Soziale Kontakte

Anregende Gespräche und soziale Interaktion sind das beste Training für unser Gehirn.

Fazit

Gedächtnisprobleme in jungen Jahren sind häufig ein Warnsignal des Körpers für Überlastung, Stress oder eine unausgewogene Lebensweise. In den meisten Fällen sind sie reversibel. Hören Sie auf die Signale Ihres Körpers, gönnen Sie sich Pausen und zögern Sie nicht, bei anhaltenden Problemen oder dem Verdacht auf eine Depression professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Nutzen Sie auch das Angebot Ihrer lokalen Apotheke für eine erste, unverbindliche Beratung.

 

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