Was nun? Eine clevere Langzeitstrategie gegen Corona und den Blues

01. Februar 2021

„Im Nebel fährt man auf Sicht“ – so lautete lange Zeit die Devise der Politik. Ziel war, alle gesundheitlichen Auswirkungen im Zusammenhang mit Covid-19 zu minimieren sowie Infektionen und Todesfälle zu verhindern. Mit der Folge, dass im Winter nicht nur das öffentliche Leben auf Sparflamme lief, sondern auch immer mehr Menschen psychische und physische Beeinträchtigungen zeigten. Im 2-Wochen-Takt diskutierten und debattierten Politik und Wissenschaft, scheinbar ohne soziale und existenzielle Folgen der Corona-Maßnahmen für die Einzelnen zu berücksichtigen. Nun verabschiedet sich der Winter und mit ihm möchten auch immer mehr Menschen die einschneidenden Pandemie-Maßnahmen hinter sich lassen. Doch Impfmüdigkeit, Mutationen und Resignation überschatten das Land. Was folgt nun? Gibt es eine clevere Langzeitstrategie im Umgang mit Covid-19 und der Pandemie? Wie könnten Lockerungen aussehen? Was ist zu verantworten?

„Geduld ist eine primäre Tugend!“

Wohl selten hatte der Lieblingsspruch unserer Großmütter so viel Präsenz wie in diesen Zeiten. Denn Wissenschaftler und Politiker begründen Entscheidungen mit aktuellen Zahlen und Werten. Das macht auch Sinn, denn je weniger Menschen sich neu infizieren, umso weniger Überträger gibt es. Es gilt daher, abzuwarten, bis der Inzidenzwert deutlich gesunken ist, um über große Freiheiten nachzudenken. Das mag den meisten Menschen schwerfallen, zumal sie sich bereits seit einem Jahr in Geduld üben müssen. Doch eine verfrühte Öffnung von Freizeiteinrichtungen, Gastronomie und anderem Gewerbe könnte die Infektionszahlen rasch wieder nach oben treiben und einen erneuten Lockdown zur Folge haben. Um dies zu vermeiden, ist nun Geduld gefragt.

Abstufungen und Sonderbehandlungen

Es ist wie beim Abnehmen: Je intensiver man fastet, umso wahrscheinlicher ist der JoJo-Effekt. Auch monatelange Einschränkungen, ein drastischer Lockdown und unabsehbare Zeiträume verursachen einen psychischen Kollaps bei den Menschen. Das führt dann mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Maßnahmen-Müdigkeit und Fahrlässigkeit. Dies lässt sich durch Sonderbehandlungen und Abstufungen weitestgehend vermeiden. Die Bundesländer Niedersachen und Nordrhein-Westfalen machen es vor: Niedrige Inzidenzwerte schaffen Lockerungen und Freiräume in verschiedenen Städten und Regionen, hohe Fallzahlen schränken ein. Dazwischen sorgt ein Stufenplan für Perspektiven und erhöht die Compliance.

„Auch der längste Weg beginnt mit einem ersten Schritt“

In den letzten Wochen legte die Politik vor allem den Fokus auf Berufstätige in Büros und den Einzelhandel für die Grundversorgung. Doch dies sorgte für Unmut bei Eltern, Kindern, Sportlern, Friseuren, Gärtnern oder Buchhändlern. Was ist mit uns? – so die Frage.

„Nicht alle zur selben Zeit, aber alle berücksichtigen“ – das kann ein Weg sein, der mittelfristig zum Ziel führt. Denn die Belastung war vor allem für berufstätige Eltern besonders hoch. Auch die Entwicklungsrückstände bei Kindern im schulischen, emotionalen oder sozialen Bereich gingen viel zu häufig unter. Und die existenziellen Ängste vieler Gewerbetreibender, Selbständiger und Handwerker dürfen nicht ungehört bleiben. Wenn die Politik verschiedene Zugeständnisse für Menschen im Homeoffice bewilligt hat, sollten nun rasch Lockerungen für die nächsten in der Schlange folgen. Und zwar bis die Normalität uns wieder eingeholt hat.

Dabei birgt jeder Bereich seine potenziellen Risiken, ob Restaurant, Schule, Sportstätte oder Geschäft. Doch auch die Gefahren, welche sich aus Lernrückständen, Isolation, Gehaltsausfällen oder Deprivation ergeben, sind nicht unbedenklich. Deshalb dürfen die Menschen nicht länger isoliert leben und vorgezogene Jungpflanzen, Bücher, Sommerschuhe oder Kinderwägen können nicht ewig als Ladenhüter agieren. Eine Regelung bezüglich der eingeschränkten Personenzahlen würde langfristig Lockerungen erlauben.

Tests, Tests und nochmal Tests

Um Sicherheitslücken zu entdecken, Ansteckungsketten nachzuverfolgen und Corona-Mutationen zu erkennen, sind Tests unumgänglich. Insbesondere Schnelltestungen, bei denen die Ergebnisse innerhalb von 24 Stunden vorliegen, könnten hier der Schlüssel zum Erfolg sein. Dabei ist im Sinne einer Langzeitstrategie die besondere Streuung der Testungen wichtig: Nicht nur das Personal im Gesundheitswesen, sondern auch Lehrer, Erzieher, Verkäufer oder Friseure haben viel Menschenkontakt und könnten unwissentlich zum Corona-Superspreader werden. Daher sollten auch diese Personengruppen regelmäßig getestet werden.

Mehr Gesundheitsinformationen zum Thema Coronavirus finden Sie hier.

 

 

Referenzen

Science Media Center Germany (2021). Welche Langzeitstrategie ist im Umgang mit SARS-CoV-2 die zielführende? Link
RKI (2021). Die Pandemie in Deutschland in den nächsten Monaten. Link
Baumann, Menno et al. (2021). Eine neue proaktive Zielsetzung für Deutschland zur Bekämpfung von SARS-CoV-2. Link
Von Leszczynski, Ulrike, DPA (2021). Ratschläge für Corona-Langzeitstrategien: So könnte "clever lockern" funktionieren. Link

Foto: Kilian Seiler, Unsplash